Der Knabenoberst und die Oberst-Morlang-Stiftung
In den Archiven der Schützengesellschaft Mengeringhausen stößt man auf die am 15. Mai 1922 gegründete Oberst-Morlang.Stiftung. Aus den handschriftlichen Bemerkungen, die der Stifter, der Bad Wildunger Stadtschreiber i.R. Rudolf Morlang im Sommer 1930 zur Erläuterung niedergeschrieben hat, geht hervor, dass beim Freischießen 1810 der Schneidermeister Friedrich Morlang (4.5.1764-22.12.1810) Kommandant der Knaben war. Bei den freischießen 1818,1825,1832,1839 und 1846 folgte ihm sein ältester Sohn, Schneidermeister und Stadtwachtmeister Philiph Morlang (6.31785-25.1.1860) in dieser Funktion nach, die mal als “Kommandant der Schuljugend”, mal als “Obrist der Knaben” bezeichnet wurde. Beim Freischießen 1853 folgte ihm sein ältester Sohn, Schneidermeister und Stadtwachtmeister Friedrich Morlang (4.5.1814-26.9.1893 als “Obrist der Knaben” nach. Von Friedrich Morlang geht das Amt des Knabenoberst auf seinen jüngeren Bruder über: Schuhmachermeister Adolf Morlang (14.10.1827-14.5.1895) wirkt als “Obrist der Schuljugend” bei den Freischießen 1860,1867,1874,1881 und 1888. damit endet eine beachtliche familiengeschichtliche Kontinuität, die das Amt des Knabenoberst von 1810 bis 1888 Abkömmlinge der Familie Morlang übertrug- das ist in der Geschichte des Mengeringhäuser Freischießens singulär.
Beim Freischießen 1874 war Adolf Morlangs Sohn Rudolf Adjudant der Knaben. In der Stiftungsurkunde vom 15. Mai 1922 beschreibt der damals 59 jährige Stadtschreiber im Ruhestand, Rudolf Morlang die für ihn besonders eindrucksvolle Situation, die ihn wohl auch dazu veranlasst hat, zum Andenken an seine Vorfahren und insbesondere an seinen Vater die Oberst-Morlang-Stiftung ins Leben zu rufen.
“Als ich einst als Knaben im Freischießensfestzuge am dritten Festtage in glühender Sommerhitze auf der staubigen Landstraße vom Arolser Schloßhofe zurückkehrend, neben dem Obristen der Jugend, meinem Vater, marschierte, sprach dieser, der bis dahin schweigend auf seinem Pferde gesessen, zu mir die Worte: “Junge, vergiss mal diese Stunde nicht”.
Rudolf Morlang hat der Stadtverwaltung Mengeringhausen, die seinerzeit die Geschäfte der Schützengesellschaft geführt und deren Vermögen verwaltet hat, ein Sparbuch der Kreissparkasse Arolsen über 1500 Mark überreicht, mit der Zweckbestimmung, dass die Zinsen bei jedesmaliger Abhaltung des Festes dazu verwandt werden sollen, in der Mengeringhäuser Jugend die Liebe zu ihrer alten Vaterstadt zu wecken und zu pflegen. Die Oberst-Morlang-Stiftungsurkunde schließt mit dem Satz:”Möge noch in den fernsten Zeiten das Freischießen alle / Jahre für die Mengeringhäuser aus nah und fern der Sammelpunkt zum freudigen Wiedersehen zur schönen Eintracht sein”.
Die Oberst-Morlang-Stiftung taucht in den Rechnungsbüchern der Schützengesellschaft immer weider auf – nach unseren Recherchen letztmalig in der Aufstellung des Schützendechanten Karl Bödicker vom 15. Januar 1961, in der auch die 1930 errichtete Dr.-Friedrich-Böttcher-Gedächtnis-Stiftung aufgeführt ist. Vermutlich sind die beiden Stiftungen später vom Vorstand der Schützengesellschaft aufgelöst worden- wann ist bislang nicht geklärt- und die Guthaben beider Stiftungen sind in das Gesamtvermögen der Schützengesellschaft eingeflossen.
Die Dr._Friedrich-Böttcher-Gedächntnis-Stiftung diente zum weiteren veredelnden Ausbau des Freischießens in Mengeringhausen, insbesondere der Aufführung des Heimatfestspieles “Treue um Treue”, sowie zur weiteren Aufstellung historischer, kostümierter Gruppen.
Quelle: Festschrift des Mengeringhäuser Freischießen 2014; von Prof. Dr. Martin Kipp, M.A. und Christian Meuser